31. Oktober 2024

Richie Schley – Pionier der Freeride Bewegung. Ein Blick auf die Anfänge

Als der Film Kranked 1 im Jahr 1998 erschien, rückte er als einer der ersten Filme die sich entwickelnde Freeride-Mountainbike-Szene in den Fokus und trug maßgeblich dazu bei, diese Disziplin populär zu machen. Inspiriert von Snowboardern und Freeride-Skifahrern, begannen Mountainbiker abseits klassischer Rennstrecken neues Terrain zu erkunden und die Grenzen dessen, was auf zwei Rädern möglich ist, zu verschieben. Kreative Linienwahl, Sprünge und technische Manöver standen in den radikalen Abfahrten im Vordergrund. Besonders in Kanada, in Regionen wie British Columbia, entwickelte sich Freeride schnell zu einer eigenen Bewegung. Die kanadischen Mountainbiker Richie Schley, Brett Tippie und Wade Simmons hatten als FroRider Team wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des Freeridens. 

Anlässlich der letzten Ausgabe der deutschsprachigen Freeride blickt Richie auf diese Entwicklung zurück – immerhin war der MTB-Pro sowohl auf dem Cover der ersten als auch der letzten Ausgabe des Magazins.

Foto: Scott Markewitz (li.), Dylan Sherrard (re.), Copyright: www.bike-magazin.de

Ein Brief an die Redaktion, 20 Jahre Freeride Magazin Deutschland

Nachdem die Freeride-Bewegung in Nordamerika geradezu explodiert war und Europa erreichte, besuchten wir als Rocky Mountain FroRider Deutschland. Der Film Kranked 1 war veröffentlicht und wirklich jeder wollte ein Stück der Freeride-Szene abhaben. Die üblichen Mountainbike-Magazine nahmen uns zwar in ihren Beiträgen auf, aber einige unserer Fahrten und Fotos waren ihnen doch viel zu radikal. Das US-amerikanische Bike Mag hatte die Bewegung immer wieder mal dargestellt, aber es dauerte lange, bis ein reines Freeride-Magazin in den Regalen der Kioske zu finden war. Wenn ich mich richtig erinnere, war Freeride aus Deutschland das erste.

In den Anfangstagen des Freeridens, Mitte der 1990er, waren die Bikes wirklich nicht dafür gemacht, was wir in unserer Fantasie mit ihnen vorhatten. Sie haben nicht das ausgehalten, was wir mit ihnen gemacht haben. Die Geometrie war steil und eigentlich mehr fürs Klettern und sanfte Abfahrten gedacht, flache Trails eben. Keines der Anbauteile hat die Schläge und Stöße ausgehalten, die wir ihnen verpasst haben. Wir haben Neuland betreten, das Unmögliche probiert und es manchmal sogar geschafft – aber es gab jede Menge Stürze zwischendurch.

Wow, einer der größten Mountainbike-Märkte der Welt hatte sich dazu entschieden, dass unsere Bewegung eine eigene Publikation verdient. Die Leidenschaft von Dimitri Lehner, dem Chefredakteur der Freeride, für den Sport und die Suche nach der speziellen Nische, die ihn – wie so viele von uns – wirklich begeisterte, war die Inspiration. Als ich erfuhr, dass ich auf dem Cover der ersten Ausgabe sein würde, war ich stolz und fühlte mich sehr geehrt. Zu diesem Zeitpunkt waren Brett Tippie, Wade Simmons und ich zwar auf den Titelseiten einiger Magazine weltweit zu sehen, aber eines mit dem Titel „Freeride“ – das war etwas Besonderes.

Die Bike-Welt, die Szene, die Ausrüstung und das Fahren selbst haben sich seit der ersten Ausgabe im Jahr 2004 dramatisch verändert, weiterentwickelt und vor allem enorm verbessert. Schaut euch nur das Foto der ersten Freeride Ausgabe an: kleine Rahmen, steile Winkel, 26-Zoll-Räder, schwere Downhill-Bikes mit nur 170 mm Federweg und – ehrlich gesagt – schlechte Reifen.

Heutzutage mache ich mir kaum Gedanken darüber, was mein Bike aushält, weil ich weiß, dass es für alles gebaut ist, was man fahren oder springen kann, egal was. Die heutigen Bikes sind einfach auf einem ganz anderen Level.

Auf dem neuen Foto – von dem wir glauben, dass es am gleichen Ort aufgenommen wurde – droppe ich mit einem E-MTB mit 820 Wh Unterstützung, 180 mm Federweg vorne und 160 mm hinten, mit einer integrierten Vario-Sattelstütze, breitem Lenker und unglaublich griffigen Reifen. Der Rahmen des Bikes besteht aus Carbon. Das Gewicht meines neuen ROTWILD R.EXC ist geringer als das meines Rocky Mountain RM7 DH-Bikes auf dem Originalfoto, welches fast vollständig aus Aluminium bestand.

Eine der größten Sorgen in der Anfangszeit war das Versagen der Ausrüstung. Heute mache ich mir darüber kaum noch Gedanken. Helme und Schutzkleidung waren damals heiß und schwer, ohne viel Schutz im Vergleich zu den heutigen Standards. Zu Beginn der Freeride-Bewegung sprang niemand von Klippen und wir bereiteten unsere Stunts nicht vor; wir traten nur mit den Füßen die Landungen oder Ausläufe ein. Wir waren Skifahrer und Snowboarder und versuchten, das, was wir im Schnee konnten, auf unseren Bikes nachzuahmen und die Grenzen dessen zu erweitern, was wir für möglich hielten.

In der Zukunft sehe ich verschiedene E-MTBs mit verschiedenen Unterstützungsstufen – und das fängt ja jetzt schon an. Die Geometrie wird immer besser und sorgt für maximalen Komfort beim Klettern, ohne die Abfahrtsqualitäten zu beeinträchtigen. Akkukapazität und Gewicht werden auch weiter optimiert, um das bestmögliche Fahrgefühl für jedes Bike zu bieten. Wenn die Vergangenheit uns was zeigt, dann, dass wir in Zukunft noch mehr Spaß und Leichtigkeit in den Bergen erleben werden – und ich kann es kaum erwarten!

If I remember correctly, that’s what Dimitri liked about this first cover shot – it was raw, just like the beginning of freeriding. Then the scene realized how much further, higher, and faster you could go if you actually shaped the landings and runouts—like how Rampage is today compared to the first couple of events. Freeriding is still alive and kicking!

Yours Richie